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Mutige Protest-Aktionen: Archroma-Belegschaft setzt Konzern unter Druck und erkämpft sich würdige Abgangsentschädigungen

Letzte Woche haben sich die Mitarbeitenden von Archroma mit einer weiteren mutigen Aktion gegen die Bedingungen ihrer Massenentlassung gewehrt. Mit Erfolg: Der Konzern hat nun deutlich höhere Abgangsentschädigungen und soziale Massnahmen zugesagt. 

Am vergangenen Dienstag sind 37 Angestellte des Konzerns Archroma für die Konzernleitung Spalier gestanden. Auf Schildern hatten sie ihr Alter und ihre Dienstjahre vermerkt, damit die Verantwortlichen sehen konnten, wen sie rauswerfen und wie viel Erfahrung durch ihren Entscheid zerstört wird. Bis dahin hatte Archroma sämtliche Bedenken der Angestellten, deren jahrelanger Einsatz für den Konzern ebenso wie Vorschläge zur Rettung des Standorts ignoriert. Die Beharrlichkeit der Beschäftigten hat sich nun ausgezahlt. Archroma hat ein verbessertes Angebot vorgelegt, das deutlich höhere Abgangsentschädigungen, Geld für Weiterbildungen, verkürzte Kündigungsfristen für den Antritt einer neuen Stelle und eine Lohnkompensation vorsieht. Mit grosser Mehrheit haben die Beschäftigten für die Annahme des Pakets gestimmt.  

Archroma ignoriert die Angestellten – erst Proteste brachten Verbesserungen

Erst vor rund vier Wochen hatte Archroma, kurz nach der Übernahme von Huntsman Textile Effects, die Schliessung des Standorts Basel angekündigt. Dabei weigerte sich der Konzern, einen Sozialplan abzuschliessen.

Während dieser Zeit kämpften die rund 45 betroffenen Kollegen/Kolleginnen mutig, entschlossen und solidarisch gegen den Schliessentscheid des Konzerns an. Unterstützt wurden sie von den Gewerkschaften Syna und Unia sowie vom Verband Angestellte Schweiz. In den Verhandlungen zum Thema machte der Archroma-Konzern deutlich, dass er nicht nur an der Schliessung festhalten, sondern auch jeglichen Sozialplan ablehnen würde. Dies war für die Betroffenen besonders bitter. Die meisten arbeiten seit mehr als zehn, ein grosser Teil sogar seit über 30 Jahren im Betrieb. Sozialpläne hatte es bei früheren Massenentlassungen am Standort zudem stets gegeben, sie enthielten unter anderem Regelungen zu Frühpensionierungen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Archroma pochte aber darauf, die langjährigen Beschäftigten mit Abgangsentschädigungen zwischen einem und drei Monatslöhnen abzuspeisen.

Auf diesen Affront reagierte die Belegschaft geschlossen. Zunächst wandte sie sich mit einer Petition an den Konzern. Als die Petition keine Beachtung fand, verliess die Belegschaft am 26. Juni kollektiv den Arbeitsplatz, um den Konzern während gleichzeitig stattfindender Verhandlungen lautstark zum Überdenken seiner Entscheidung aufzufordern. Ein dritter Protest fand am vergangenen Dienstag statt, als 37 Angestellte für die Vertreter des Konzerns Spalier standen. Zudem begannen die Kollegen/-innen bereits mit Vorbereitungen für einen Streik. Diese letzte Aktion, der mutige und vor allem gemeinsame Einsatz der Belegschaft, hat schliesslich zum Erfolg geführt – ein verbessertes, soziales Paket, welches dem langjährigen Engagement der Mitarbeitenden würdig ist.

Das Vorgehen von Archroma heissen die Angestellten jedoch ausdrücklich nicht gut. Deswegen verliessen sie während einer Präsentation der Geschäftsleitung zur Schliessung des Standorts erneut den Saal.

«Kolleginnen und Kollegen sind zu Recht stolz auf ihren Kampf»

Johannes Supe, Unia-Branchenverantwortlicher für die chemische Industrie, erklärt dazu: «Es waren der Mut und die Einigkeit in der Belegschaft, die Archroma zu Verbesserungen gezwungen haben. Darauf sind die Kolleginnen und Kollegen zu Recht stolz. Doch es bleibt eine Schande, dass der Konzern die Arbeitsplätze von mehr als 40 Menschen vernichtet, um seine Profitgier zu befriedigen.»

Die Regionalverantwortliche Nordwestschweiz der Gewerkschaft Syna, Astrid Beigel, sagt: «Wieder einmal wird langjähriges Fachwissen vernichtet, um kurzfristig bessere Geschäftszahlen nachzuweisen, das macht mich wütend. Die Belegschaft der Archroma am Standort Basel hat sich mit allen möglichen Mitteln dagegen gewehrt. Nur durch ihre gemeinsame Stärke konnte wenigstens eine soziale Abfederung erreicht werden.»

Für Angestellte Schweiz erklärt Rechtsanwalt Pierre Derivaz: «Es war beeindruckend, den Zusammenhalt der Belegschaft in den letzten Wochen mitzuerleben. Es ist aber auch stossend, dass Proteste notwendig waren, um dieses Ergebnis herbeizuführen. Der Slogan von Archroma «Life Enhanced» («Das Leben, verbessert») tönt heute in Klybeck besonders bitter.» 

Archroma kaufte Standort, nur um ihn zu schliessen

Im März hatte Archroma die Textilsparte von Huntsman übernommen. Anfang Juni kündigte Archroma dann an, den Basler Standort im Frühjahr 2024 schliessen und nach Asien verlagern zu wollen. Betroffen sind rund 45 Kollegen/-innen, die in Basel an Forschung und Entwicklung neuer Farbstoffe arbeiten. Der Standort ist ein globales Kompetenzzentrum, das diverse Produktionsstandorte und Kunden rund um die Welt unterstützt. Hinter Archroma steht die US-amerikanische Investmentfirma SK Capital.

Weitere Informationen:

Astrid Beigel, Regionalverantwortliche Syna Basel,  061 227 97 38

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